Newsletter

Neurosis

“NEUROSISneeds no introduction (NEUROSIS müssen nicht vorgestellt werden)“ ließ die Presseinformation zum letzten Album „Given To The Rising“ der Post-Metal-Heroen verlauten. Doch auch wenn dem grundsätzlich nicht zu wiedersprechen ist, seien doch ein paar ausführlichere Worte über die Band, die wie keine zweite das Genre des beklemmenden Sludge- und Drone-Sounds beeinflusst hat, erlaubt. Einige Worte über die Großmeister des kolossalen Sounds, des bis zum Exzess ausgeweiteten Spannungsaufbaus, der bis in kleinste Detail durchdachten Kompositionen, die nie auch nur im Geringsten das Bedürfnis verspürten, sich Konventionen oder gar Trends zu unterwerfen. Um vielmehr seit Jahren eigene Standards zu setzen. Standards, an denen sich seit jeher Scharen von Epigonen abarbeiten, ohne je die Klasse des Vorbilds zu erreichen.

Seinen Auftakt nahm das Phänomen NEUROSIS mit einer Mischung aus Punk und Hardcore, die noch das Debutalbum der Band prägte, das 1988 über Jello Biafras Label Alternative Tentcales veröffentlichte „Pain Of Mind“. Früh aber begannen die Kalifornier, deren tiefgründiger Sound so gar nichts mit dem heiteren Image des Sonnenstaates zu tun haben will, ihren Stil zu verändern und zu vertiefen, angstvolle und bedrückende Klangwelten zu erschaffen, in denen sich sensiblere Geister durchaus zu verlieren drohten. Dem 1990 veröffentlichten „The World As Law“ ließen NEUROSIS 1992 mit „Souls At Zero“ ihr erstes Magnum Opus folgen, ein Werk, dass ob seines gewaltigen Klangs, der perfekten Mischung aus Drone, Sludge und Metal wie dem atemberaubenden Zweigesang von Steve von Till und Scott Till auch heute noch zu Recht als wahrer Meilenstein gilt, auf den sich Bands wie Isis oder Mastodon nach wie vor gerne berufen.

Mit „Enemy Of The Sun“ und „Through Silver In Blood” ließen NEUROSIS, seit jeher nicht nur musikalisch, sondern auch in der Außendarstellung einzigartig, nicht minder hochwertige Alben folgen. Mit dem 1999 erschienen „Times Of Grace“ schließlich trat die Band in eine neue Phase, bedingt auch durch die Zusammenarbeit mit der Produzentenlegende Steve Albini (Helmet, Nirvana, Shellac), dem das Kunststück gelang, den Sound der Band weiter zu verfeinern und zu intensivieren, ohne diesem seine ursprüngliche Brachialität zu nehmen. Wie gut das Zusammengehen der Ausnahmekünstler und des Ausnahmeproduzenten funktioniert, lässt sich auch an den folgenden Werken „Sovereign“, „A Sun That Never Sets“, „The Eye Of Every Storm“ und „Given To The Rising“ ablesen, mit denen NEUROSIS bei aller schon früh zu findenden Perfektion weitere Quantensprünge in Sachen Qualität gelangen.

Der Begeisterung zum Trotz, die ihre Musik hervorruft (dabei sei auch die experimentelle Kollaboration “Neurosis and Jarboe“ nicht unterschlagen, für das die Band sich mit der ehemaligen Swan-Sängerin Jarboe zusammen tat) darf allerdings nicht vergessen werden, dass NEUROSIS weit mehr sind als eine, wenngleich einzigartige, Rockband. Funktioniert das Phänomen NEUROSIS doch vielmehr als Kunst- und Künstlerkollektiv, dass sich nicht nur in zahlreichen Seitenprojekten (Shrinebuilder, Red Sparrows, A Storm Of Light, Tribes Of Neurot) auslebt, sondern auch mit seinen Visuals und graphischen Arbeiten Aufsehen erregt. Zudem gründete die Band mit Neurot Recordings ihr eigenes Plattenlabel, über welches vornehmlich die Eigenveröffentlichungen des Fünfers wie der zahlreichen Seiten-Projekte der einzelnen Mitglieder erscheinen.

Ziehen die Studio-Alben von NEUROSIS aber schon magisch in ihren Bann, werden die Live-Auftritte der Kalifornier endgültig zu einem einzigartigen Musikerlebnis, welches in seiner Mächtigkeit unübertroffen bleibt. Ohne jeglichen Pathos, setzt das Musikerkollektiv dabei auf die unvergleichliche Eindringlichkeit ihrer Kompositionen wie auf bedrückende Visuals, die die Shows der Band zu einem Gesamtkunstwerk werden lassen. Zu erleben am 30. Juli 2011 im Longhorn/LKA, wo die Band nach langen Jahren endlich wieder ein Stuttgarter Gastspiel absolviert.

weiterlesen